Viel Hype um einen alten Hut

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Künstliche Intelligenz ist seit über 20 Jahren Realität und bietet mehr Chancen als Risiken – und mehr Arbeitsplätze.

Ein Gespenst geht um – KI (künstliche Intelligenz). IT-Giganten wie Microsoft und viele andere entlassen Abertausende von Mitarbeitern aus Angst vor den Folgen. Gewiss, KI kann heute schon viel: Bewerbungsschreiben zum Beispiel haben wahrscheinlich mehr Aussicht auf Erfolg, wenn sie von ChatGPT formuliert werden.

KI-gestützte Kunstwerke sind von selbstgemalten kaum noch zu unterscheiden, und auch der Quellcode von Software ist bereits von erstaunlich hoher Qualität. “Wir sparen uns schon jetzt mindestens einen Programmierer”, bestätigte mir der Mitinhaber einer kleinen Softwarefirma.

Mit KI-gestützten Systemen lassen sich viele Ressourcen einsparen und Ausschuss vermeiden, zum Beispiel bei Serienanläufen und Markteinführungen neuer Produkte. Das Engineering-KI-System Analyser von Contech Software & Engineering, um nur ein Beispiel zu nennen, reduziert dank KI nachweislich die Fehlerquote drastisch. Das senkt auch die Kosten und verbessert die Qualität und Effizienz.

Nach der Einführung des Analyser KI-Systems reduzierten sich die Akustik-Probleme und damit die Ausschussrate sofort drastisch. Die NULL-Fehler-Fabrik, ein Traum jedes Ingenieurs, wurde in diesem Beispiel eines PKW-Antriebsstrangs nahezu erreicht.

Gefährliche Vorschläge

Andererseits finde ich es beruhigend, dass es viele Bereiche gibt, in denen die ChatGPTs dieser Welt bisher und wohl auch in absehbarer Zukunft völligen Unsinn produziert haben. Einer meiner besten Freunde, der australische Tierarzt Ronald Schneider, hat KI (auch in der neuesten Version von ChatGPT) ausgiebig getestet und weiß, dass dabei sowohl längst widerlegte Studien als auch aktuelle, korrekte Studien berücksichtigt werden. “Bislang sind die Ergebnisse ziemlicher Müll – AI unterscheidet nicht zwischen korrekten und längst widerlegten, falschen Studien”, erklärte mir Ronald mit einem breiten Grinsen. “Wenn Sie Ihr Haustier töten wollen, sollten Sie auf jeden Fall den Empfehlungen der KI folgen.”

KI ist nicht gleich KI

Übrigens: KI ist nicht gleich KI. Von Systemen, die sich – wie ChatGPT – auf ein “Großes Sprachmodell” stützen und die die große Gefahr von Manipulationen etwa der Wähler(innen) mit sich bringen, sind andere KI-Systeme zu unterscheiden. Meistens wird das maschinelle Lernen als eine Form der KI akzeptiert. Vor ein paar Wochen war ich auf der Sicherheitsmesse it-sa. Ein langjähriger Geschäftspartner von Trend Micro erzählte mir: “Wir setzen KI seit 20 Jahren ein. Da die Zahl der bekannten Schadprogramme innerhalb von fünf Jahren von einer Million auf 84 Millionen gestiegen ist, hätten wir sonst keine Chance gehabt, mit dieser Entwicklung Schritt zu halten. Natürlich sind dadurch auch einige Arbeitsplätze weggefallen, aber diese sind an anderer Stelle entstanden. Unterm Strich sind mehr neue Arbeitsplätze entstanden, als wir vorher hatten.

Weit verbreitete Unwissenheit

Was also droht uns durch KI? KI an sich ist viel Hype um einen ziemlich alten Hut, aber gleichzeitig ein Hoffnungsschimmer mit riesigen Chancen, die Qualität unserer Arbeit zu verbessern – und leider auch eine fadenscheinige Ausrede für Manager, die den Hals nicht voll bekommen und über “Entlassungsproduktivität” noch mehr Geld scheffeln wollen.
Ersetzt KI wirklich die menschliche Arbeitskraft? Das glaube ich nicht. Natürlich wird sich die Arbeit verändern, so wie die technologischen Entwicklungen die Arbeitswelt seit der industriellen Revolution verändert haben. Schließlich kann die IT menschliches Einfühlungsvermögen, Menschlichkeit, Kreativität und Phantasie nur simulieren. Computer können nur “0” und “1” – zwei Zustände, mehr nicht. Die Qualität der Ergebnisse wird immer noch davon bestimmt, womit die KI “gefüttert” wird. Die grassierende Angst vor KI beruht also auf weit verbreiteter Unkenntnis – KI wird unsere Arbeitswelt bereichern, verbessern und zukunftsfähig machen. Und zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. Menschliche Qualitäten und Lebenserfahrung sind durch nichts zu ersetzen – auch nicht durch KI.

1 Kommentar

  1. **Ja, wir müssen über KI reden, nicht nur technisch, auch politisch**

    KI hat bereits jetzt Millionen von Arbeitsplätzen weltweit geschaffen – Clickworker-Arbeitsplätze mit prekären Bedingungen (z.B. arbeiten in Finnland Strafgefangene für 1,50 Euro pro Stunde an der Klassifizierung und Verifizierung von Daten, das ist der übliche Stundenlohn dafür auch in anderen Ländern).

    KI wird die die menschliche Arbeitskraft sicherlich nicht ersetzen. Aber wird sie weltweit die Lebensqualität verbessern und die Einkommensunterschiede nivellieren können? Ich glaube nicht.

    Mit Einführung des WWW vor >30 Jahren gab es ähnliche Versprechungen, wie heute für KI. Das Resultat: Die Einkommensungleichheit ist heute so groß wie seit dem Mittelalter nicht mehr und nur wenige globale Riesenkonzerne verfügen über die Speicher- und Rechnerkapazitäten, die KI benötigt. Das deutet auf eine noch viel stärkere Monopolisierung hin.

    ChatGPT: Inzwischen gibt es massenhaft ChatGPT-generierte Webseiten, Blogs und Social-Media-Beiträge. Das MML lernt nach wie vor aus Internet-Texten. Das heißt, des “lernt” zunehmend aus den selbst produzierten Texten, was wahrscheinlich schon heute zu absurden Ergebnissen führen dürfte.

    Mehr dazu in meinem Essay für ME2BE: https://me2be.de/wir-muessen-drueber-reden-wie-kuenstliche-intelligenz-menschlich-und-intelligent-wird/

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