Helsinki, 15. März 2024 – Es steht nicht gut um den europäischen Wissenschafts-Journalismus, wenngleich es von Land zu Land große Unterschiede gibt. Bei einer Podiumsdiskussion unter der Leitung der EUSJA-Präsidentin Mari Heikkilä zeichneten die Sprecher*innen aus vier europäischen Ländern ein teilweise sehr düsteres Bild. Wenig überraschend stieß die italienische Wissenschaft-Journalistin und Buchautorin Gabriella Bernardi, die im Publikum saß, ins gleiche Horn: Die populistische Meloni-Regierung betrachtet die staatlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten eher nicht als förderungswürdig, wissenschaftlich fundierten Journalismus ebenso wenig. Auch der finnische Moderator von Yle fürchtet Budget-Kürzungen.
Lucía Torres aus Spanien, neue Generalsekretärin des mitgliederstarken spanischen Verbandes, lobte als Einzige die politische Unterstützung durch die aktuelle Regierung, fürchtete jedoch eine drohende Gesetzesänderung im Fall eines Regierungswechsels. Dank einer ordentlichen finanziellen Grundfinanzierung kann sich der spanische Verband zwei Hauptamtliche und ein anspruchsvolles Programm leisten, doch auch in Spanien ist ein sorgenfreies Leben als freie(r) Wissenschaftsjournalist(in) kaum möglich.
Im Gegensatz zu Lucia Lopez berichtete der Ungar István Palugyai von direkten politisch motiviertem Druck durch die populistische Orban-Regierung, deren Pressepolitik europaweit Besorgnis und Kritik hervorruft. Professor Palugyai hat dadurch die Zerschlagung des von ihm geleiteten Instituts erleben müssen.
Jens Degett aus Dänemark hat nach einer wenig erfreulichen Verlegung seiner Radiostation in die Provinz inzwischen als erfolgreicher Blogger wieder Fuß gefasst. Er wünscht sich eine wesentlich stärkere Förderung des Wissenschafts-Journalismus in seinem Land.
Hoffnung machte der Deutsche Dino Trescher mit Hinweis auf den Koalitionsvertrag der Ampelregierung, die gerade einen Gesetzesentwurf eingebracht hat, den die Bundestagsabgeordneten am Mittwoch, 13. März 2024, erstmals im Bundestag beraten haben. Die Koalitionsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP wollen „Wissenschaftskommunikation systematisch und umfassend stärken“ (20/10606). Nach der Debatte ist die Vorlage an den federführenden Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung überwiesen worden.
In der EUSJA-Debatte wurde deutlich, dass die stetige und ausreichende Förderung der Wissenschaft-Kommunikation ein zu hohes Gut ist, um es zum Spielball kurzfristiger politischer Machtverhältnisse zu machen.