Begraben ganz weit weg in Ungarn

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Nach längerer Krankheit verstarb am 29. November 2002 unser TELI-Kollege Hans Dogigli. Erst am 24. Oktober war er 87 Jahre alt geworden. In Gyula, direkt an der ungarisch-rumänischen Grenze, fand er an der Seite seiner bereit 1998 verstorbenen Frau die letzte Ruhe. Die TELI verlor – ebenso wie ich selbst – einen aufrechten Freund. Zur Erinnerung an ihn zitiere ich mich selbst (leicht aktualisiert) aus der TELI-Kommunikation 2/2000:

Beginnen wir mit 1935: Ein junger Traunsteiner Radiotechniker muss zu den Soldaten – den italienischen, denn erst 1958 wird aus dem Urbayer venezianischen Geblütes auch ein deutscher Staatsbürger. Vom Abessinienkrieg zieht es ihn zu Blaupunkt nach München, wo er 1941 sein Ingenieurstudium beginnt. Wieder kommt ihm ein Krieg dazwischen, und dann der Wirrwarr nach dem „Badoglio-Putsch“, wie das damals heißt, der ihn erst zum amerikanischen, dann zum deutschen Kriegsgefangenen macht. Zweimal Flucht, Examen als Elektroingenieur für Hochfrequenztechnik, dann gründet er 1945 in Reit im Winkl ein Radioreparaturgeschäft. Unsichere Zeiten, dann die Währungsreform 1948 – da lässt er sich anstellen, inzwischen verheiratet und zweifacher Vater. Bei Körting konstruiert er Radios und bringt es zu Patenten. Für den Fernmeldebereich von Siemens Erlangen und München macht er unter dem langjährigen TELI-Kollegen Dr. Ernst Heinrich drei Jahre Pressearbeit. Seinen Stuhl dort besetzt als Nachfolger Hans Sauer (1913-1996), später „Regionalfürst“ in München und der letzte Träger des TELI-Ringes. Der „Dogi“ aber wechselt 1955 als Betriebsingenieur und „Mädchen für alles Elektrische“ zum Kreiskrankenhaus Prien, wo seine Innovationsfreude erneut Furore macht.

Doch inzwischen läuft schon längst eine andere Karriere. Bereits 1947 war seine literarische Erstgeburt erschienen: „Strahlende Materie“, 1949 gefolgt von „Entfesselte Atomkraft“. Unter Pseudonymen schrieb er für die Münchner Abendzeitung und eine Reihe von Fachzeitschriften, lieferte den verschiedensten Kunden Film- und Fernseh-Drehbücher. Gleich drei Neuerscheinungen kamen 1957: „Von tausend Lebenswundern“, „Das drahtlose Jahrhundert“ und sein Bestseller „Magie der Strahlen“, der in acht Ländern und in Blindenschrift herauskommt. Endgültig in die Selbständigkeit führt die Gründung seiner Firma „ITAB – Internationaler Tabellenverlag München“, in der er sich ab 1958 vor allem dem Design und der Produktion von speziellen Rechenschiebern und -scheiben widmet und aus der später die Firma „Dogigli Werbemittel“ hervorgeht.

Seit April 1960 ist er TELI-Kollege – und einer der aktivsten dazu. So leitet er für den meist fernen „Regionalfürsten“ Büdeler 1971 bis 1976 den Regionalkreis Süddeutschland, den dann Hans Sauer übernimmt. Doch der Dogi arbeitet weiterhin genauso mit wie zuvor – von 1990 bis 1992 zum Beispiel als TELI-Kassenprüfer. Bis in die jüngste Zeit schreibt er Bücher, von denen er derzeit rund zehn unter Verschluss hält: Mit Verlegern will er nichts mehr zu tun haben. Denn der Dogi ist – wie ihn Gottfried Hilscher einmal nannte – „auch im hohen Alter noch ein mobiler, unangepasster Geist und zudem ein fleißiger Produzent von Ungedrucktem“. Was nicht ganz so stimmt, denn als Mittsiebziger begann noch mit dem Computern und druckt daher auch mitunter und brennt auf CDs, was er so schreibt.

Das aber geschieht seit 1996 weit im Osten Ungarns, wohin er ausgewandert ist, um seiner schwerkranken Frau die bestmögliche Pflege zu bieten. Ob nach ihrem Tod jedoch sein Exil noch wirklich weise war, daran zweifeln alle, die ihn mochten.

10.12.2002 – M. Bormann