Vor fünf Jahren hatte er seinen Geburtstag in großer Runde gefeiert, seinen 75. im November dagegen im kleinen Kreis. Damit er es zum 80. Geburtstag noch einmal richtig krachen lassen kann?
Dietmar Schmidt, seit fast vier Jahrzehnten Mitglied der TELI und zwei Jahrzehnte lang umtriebiger Vorsitzender des TELI Regionalkreises Süd, ist noch immer kaum zu bremsen. Im Münchner Olympiadorf, in dem er mit seiner Frau und seiner Tochter lebt, sieht man ihn häufig der U-Bahn-Station zustreben. Manchmal zieht’s ihn in die Oper, in der wärmeren Jahreszeit häufig in den Schrebergarten, in dem er Gemüse anbaut und von wo er Kollegen gerne zu einer frisch gezapften Maß in den nahen Biergarten entführt. Am häufigsten ist er aber amtlich für den Journalismus unterwegs.
Nicht nur der Bayerische Journalistenverband weiß, was er an Schmidt hat. Seit Jahr und Tag sitzt er dem Aufnahmeausschuss vor. “Neue Mitglieder auf Herz und Nieren auf ihre journalistische Tätigkeit zu prüfen, ist gewissermaßen seine Lebensaufgabe”, schreibt die aktuelle Ausgabe des BJVreport in ihrer Hommage auf den Jubilar. Wer im “journalist” die langen Listen von Neuaufnahmen im Bundesland Bayern gesehen hat, bekommt eine Vorstellung von Schmidts Arbeitspensum.
Noch mehr Herzblut bringt er indes für die TELI auf. Er erscheint als verlässliche Größe zu fast jedem Jourfixe im Internationalen PresseClub München, hört zu, bringt sich ein. Doch sobald die Zeiger der Rathaus-Uhr Uhr auf die neunte Abendstunde vorrücken, mahnt er zur Abmoderation. Denn dann erklingt dort das Glockenspiel, das in alter Tradition das “Münchner Kindl” in den Schlaf läutet. Und spätestens dann sollte auch die journalistische Veranstaltung zu Ende gehen.
Es ist Schmidts Verdienst, dass die TELI an diesem noblen Ort mit der fantastischen Aussicht hoch über dem Marienpatz eine Heimstatt für ihre Veranstaltungen gefunden hat – mit dem charmanten Eingang just durch das Lokal, in dessen Vor-Vorgänger einst die Münchner Weißwurst erfunden worden ist.
Sein Amtsvorgänger und langjähriger Wegbegleiter, Manfred Bormann, hat über Schmidts Organisationstätigkeit akkurat Buch geführt und im Zeitraum zwischen den Jahren 1989 und 2005 insgesamt 278 TELI-Veranstaltungen mit 7943 Besuchern dokumentiert, zu denen neben den Jourfixen die beliebten Messestammtische und Exkursionen zu Forschungseinrichtungen im Münchner Umland zählen.
Unter den Namen der von Schmidt gewonnenen Referenten leuchten so prominente Namen auf wie Mößbauer und Dürr, Häusser und Fritzsch, Lesch und Graßl. Mit dem Feuerwerk der Themen, vom Urknall über Neutrinos bis intelligente Prothesen und nerdiger Heimelektronik, hätte Dietmar Schmidt selbst einem Verleger wie Peter Gerhard Moosleitner das Wasser reichen können.
Ein Rekordjahr war die Jahrtausendwende. Im Jahr 2000 verzeichnet die Statistik insgesamt 616 Gäste. In den beiden Folgejahren wurden unter Schmidts Regie jeweils 21 Veranstaltungen auf die Beine gestellt, darunter bis zu zehn rund um die Münchner Messen. Rechnet man die nicht erfassten Veranstaltungen während der vier letzten Amtsjahre bis März 2009 hoch, gehen auf Schmidts Konto ca. 350 Veranstaltungen. Sie brachten — tief durchatmen — schätzungsweise 10 000 (!) Menschen auf die Beine.
“Mensch, Dietmar”, fragt sich der staunende TELIaner und reibt sich die Augen, “wie hast du das bloß geschafft?”
Klar, der langjährige TELI Regionalkreis-Süd-Vorsitzende kannte sich in dem Metier aus wie kein anderer. Von 1968 bis 2002 war er Pressesprecher der Ludwig Maximilians Universität (LMU) gewesen. Ein breit angelegtes Studium, u.a. der Chemie und Geschichte, hatte ihn früh zum Generalisten werden lassen. Das half ihm beim Aufbau der LMU-Pressestelle und später bei seinem rastlosen TELI-Engagement.
Dennoch, sagt auch Bormann, stehen wir vor einer “einzigartigen Leistung der Verbreitung von wissenschaftlichem und technischem Wissen. “Dabei blieb er immer ein Vorbild der Kooperation”, ergänzt er, auch der ruhende Pol, wenn es hitzig wurde. “Dietmar steht für faires Miteinander, seine wichtigste Charaktereigenschaft”, lobt Manfred Bormann.
Neben seiner anstrengenden Brotarbeit an der LMU und seinem so bravurös ausgeübten Ehrenamt im Regionalkreis fand Schmidt Zeit, die TELI bei der European Union of Science Journalists’ Associations, der EUSJA, zu vertreten – und sich bei der ARGE einzubringen, eine Art EUSJA Regionalkreis aus TELI Süd, Österreich, Slowenien, Slowakei, Ungarn. Dort firmiert er als Mitbegründer und zeitweise als Vorsitzender.
Bei der enormen Fülle seiner Aufgaben wirkte Dietmar nie gestresst, fand Muße für sämtliche Anfragen, erwies sich hilfsbereit, selbst bei ungewöhnlichen Anliegen, blieb immer ein Mensch, der nie an seinen Ämtern klebte, kümmerte sich beizeiten um die Suche nach Nachfolgern, war weder Diva noch Besserwisser, meldet sich bis heute mit stets solide reflektierten Beiträgen zu Wort, manchmal und besonders in den durchlittenen Vereinskrisen vielleicht ein wenig zu bescheiden für seine Autorität.
Aber sogar das zeichnet ihn im Rückblick aus: Das Vertrauen in die Selbststeuerungsfähigkeit von Menschen und Organisiationen.
Um all das zu würdigen, verdiente TELIs Elder Statesman viel mehr als die Ehrenmitgliedschaft, die ihm bei der Mitgliederversammlung in Jena 2013 verliehen wurde. Mit Kollegen wie ihm wird unsere Profession und die ehrwürdige Technisch-Literarische Gesellschaft, bei allen schmerzvollen Umbrüchen, Meinungsverschiedenheiten und Neuverortungen, weiter prosperieren.