Quantenmechanik des Lebens

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Professor Forchheimers Vortrag beim TELI Tour Fixe im April 2025 stieß auf reges Interesse. Foto: Katrin Richthofer

Wissenschaft trifft Staunen: Wie die Quantenphysik hilft, Leben zu verstehen

Faszinierend und komplex: Die TELI (Journalistenvereinigung für technisch-wissenschaftliche Publizistik) zeigte mit der Veranstaltung zum Thema „Quantenmechanik des Lebens“ im Presseclub München Risikobereitschaft.

Der Referent des Abends, Prof. Dr. Karl Forchhammer, Professor für Mikrobiologie und Organismische Interaktionen an der Universität Tübingen, stellte sich dabei einer anspruchsvollen Aufgabe: Er wollte die rund 40 Anwesenden so in die komplexe Materie der Quantenmechanik und des biologischen Lebens einführen, dass diese auch ohne Physik- oder Biologiestudium grundlegende Zusammenhänge verstehen konnten.

Von der Naturphilosophie zur Quantenbiologie

Bevor es in die Tiefe ging, zeichnete Prof. Forchhammer den historischen Weg der Wissenschaften nach, beginnend bei der griechischen Naturphilosophie über Max Planck und Albert Einstein bis zu Erwin Schrödinger, dessen Theorien er sich ausdrücklich anschloss. Schrödingers berühmte Überlegungen zur Rolle physikalischer Prozesse im biologischen Leben bilden einen der Grundsteine der heutigen Quantenbiologie.
Die Zuhörerinnen und Zuhörer sahen zunächst Grafiken, die eher wie ein chaotisches Kinderbild wirkten: Knäuel aus Linien und Farben. Erst durch die erklärenden Worte des Fachmanns entwirrte sich das scheinbare Durcheinander und offenbarte eine faszinierende Logik.

Komplexe Zusammenhänge, verständlich erklärt: Zahlreiche Beispiele veranschaulichen die vielfältigen Zusammenhänge in der Quantenphysik. Foto: Peter Knoll

Cyanobakterien und das erste Massensterben

Forchhammers Forschungsgebiet sind Cyanobakterien, die zu den ältesten Lebensformen der Erde gehören. Sie haben vor Milliarden Jahren die Photosynthese entwickelt und damit erstmals Sauerstoff in die Atmosphäre freigesetzt. Dieser war für die damaligen Lebewesen jedoch hochgiftig, löste das erste bekannte Massensterben aus und ebnete dem heutigen Leben den Weg.
„Irgendwann“, so Forchhammer, „verschluckte ein Organismus ein Cyanobakterium, und daraus entwickelten sich die Bäume, wie wir sie heute kennen.“ Ohne Quantenmechanik, so der Professor, ließen sich diese Prozesse nicht erklären. Besonders die Gleichzeitigkeit bestimmter zellulärer Vorgänge könne nur mit quantenphysikalischen Effekten wie Verschränkung und Tunnelung verstanden werden.

Zwischen Hirnströmen und Erkenntnisfunken

Zum Ende des Vortrags schlug Forchhammer den Bogen zum menschlichen Gehirn. Anhand eines Gehirnbildes zeigte er auf, wie auch dort Informationsübertragung auf quantenmechanischen Prinzipien beruhen könnte. Sein Vortrag forderte die „grauen Zellen“ der Anwesenden. Vieles konnte nachvollzogen werden, auch wenn nicht alle Details sofort durchschaubar waren. Sehr deutlich wurde jedoch, dass es ohne die Einzigartigkeit des Wassers nirgendwo im Universum Leben geben kann, und dass ohne Quantenmechanik auf molekularer Ebene Wasser nicht in seine lebenswichtigen Bestandteile aufgespalten werden kann.

Nicht alle Rätsel kann die bisherige Forschung lösen – aber auch dank KI gibt es rasante Fortschritte. Foto: Peter Knoll

Begeisterung für Wissenschaftsvermittlung

Trotz der Komplexität gelang es Prof. Forchhammer, sein hochspezialisiertes Wissen in eine verständliche Form zu bringen und damit das zentrale Ziel der Veranstaltung zu erfüllen. Die TELI sieht sich als Brücke zwischen Forschung und Gesellschaft und wurde diesem Anspruch an diesem Abend eindrucksvoll gerecht, ebenso wie der Referent.
Die abschließende Frage, ob es diesen Vortrag auch in schriftlicher Form gäbe, musste Forchhammer verneinen. Doch eine Anregung aus dem Publikum, daraus ein populärwissenschaftliches Buch zu machen, stieß auf großen Beifall.

Arno Kral, Vorsitzender der TELI, schloss die Veranstaltung mit einem Augenzwinkern: „Dann feiern wir die Buchpremiere hier bei der TELI.“

Autor: Helmut Scheel

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