Werner A. Kral verstarb im 88. Lebensjahr

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Werner A. KralLeiderfahrungen blieben dem geschätzten Kollegen wahrlich nicht erspart. Wie er damit umzugehen verstand, war prägend und richtungweisend für sein Leben. Am 4. Januar 1923 im böhmischen Komotau geboren, wuchs er in Prag auf. Nach der Matura am dortigen Deutschen Staatsreal-Gymnasium wollte er Astronomie, Astrophysik und Mathematik studieren. Dieser Traum war gleich nach der Immatrikulation an der Prager Karlsuniversität zu Ende. Die Wehrmacht bestimmte seinen Weg mit Kriegsdienst in Polen, Frankreich und Nordafrika. Im berühmt-berüchtigten Monte Cassino, Italien, nahmen ihn die Amerikaner gefangen und übergaben ihn den Franzosen. 1947 wurde er als “Heimatvertriebener” entlassen.

1951 fand er in seiner Frau Anita die wohltuende Heimat für seine geschundene Seele. Liebevoll und umsichtig begleitete sie ihn bis zu seinem Lebensende am 29. Januar 2010 in Heidelberg. Mit ihr trauern Sohn Alexander, 58, dessen Frau Maria, deren zwei Söhne und eine Urenkelin. Werner litt seit Jahren zunehmend unter schwerwiegenden Krankheiten, darunter Parkinson. Er hatte gelernt, mit nur einem Auge zu leben. Als er seinen Computer nicht mehr bedienen konnte, übermannte ihn die Trübsal. Sicherlich nicht vergleichbar mit der bangen Frage nach Kriegsende, was aus ihm wohl werden soll: “Kein Examen in der Tasche, kein Arbeitszeugnis”, erinnerte er sich später mit humorvoller Ironie. Was folgte, war ein fast 50-jähriges Berufsleben als freier Fachjournalist. Alles Wissen und Können hatte er sich als Autodidakt angeeignet. Und das war begehrt und wurde geehrt von Verlagen und angesehenen Fachorganisationen.

Alles begarm beim Postkarten produzierenden Popp-Verlag und mit dem Schreiben von Leserbriefen. Im Fernstudium erlernte er Technisches Zeichnen. Englischkurse und die Tätigkeit in einem Konstruktionsbüro brachten ihm die ersten ersehnten Zeugnisse ein. Als Journalist schrieb er für den Deutschen Forschungsdienst, der Konradin-Verlag nahm ihn für gleich drei seiner Fachzeitschriften unter Vertrag. Jahrelang war er Chefredakteur der “Internationalen Elektronischen Rundschau” und der “Nachrichtenelektronik”. Die persönliche Bekanntschaft mit Hermann Oberth katapultierte ihn regelrecht in das Revier, das zu studieren ihm die Zeitläufte verwehrten und das er nun “praxisorientiert” kennenlernte: die Astronomie, Astrophysik und die Raumfahrt. Bis 1992 war er Chefredakteur der “Astronautik”, dem Organ der Hermann-Oberth-Gesellschaft, die Werner Kral mit der Goldmedaille ehrte. In Rundfunkvorträgen und zahlreichen populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen brachte Kral das neue kosmologische Weltbild einer breiten Öffentlichkeit nahe. Seinen visionären Weitblick, dem er literarisch Ausdruck verlieh, hat er nebenbei nie eingebüßt. Allein sechs Science-fiction-Romane legen davon Zeugnis ab. Der sagenumwobene Kontinent Atlantis war für ihn kein reines Hirngespinst. Werner Kral, der liebenswürdige, unaufdringliche Kollege und unermildliche Wissensvermittler hat sich seine Wertschätzung buchstäblich verdient. Auch über sein Lebensende hinaus.

Gottfried Hilscher